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Standpunkt

Übertreten statt austreten

Standpunkt - Übertreten statt austreten
Dr. Peter Adler © Privat

"To increase our ability to adapt“ ist eine der von RI definierten vier Prioritäten und soll heißen: Wir brauchen mehr Resilienz, also mehr Anpassung von Menschen und Systemen in der Welt von Rotary.

Peter Adler01.05.2024

Weltweit treten mehr Mitglieder aus als ein. Das zeigt, dass es beim Eintritt Erwartungshaltungen gibt, die vom jeweiligen Club nicht erfüllt werden. Das kann viele Gründe haben, zum Beispiel Ärger über Projekte, über Neuaufnahmen et cetera. Meistens menschelt es. Nicht jeder Club passt für jeden oder jede. Clubs ändern sich auch mit jedem neuen Mitglied, und auch die Mitglieder selbst verändern sich ständig – im Beruf, im Alter, in der Familiensituation und so weiter. Jedes Mitglied, das mit dem Club unzufrieden ist und Rotary verlässt, tut uns weh. Diese RI-Priorität „to adapt“ bedeutet auch, für jedes Mitglied den passenden Club bereitzustellen. Die Regeln, Grundsätze und Prinzipien gelten für 46.000 Rotary Clubs in über 200 Ländern – und doch sind die Clubs sehr verschieden, oft auch im selben Land, in derselben Region, in derselben Stadt. Statt eines Austritts wäre der Übertritt oft eine bessere Lösung.

Keine Katze im Sack kaufen

Wer die Prinzipien und Ziele Rotarys mag, für den oder die gibt es auch den richtigen Club – oder wir sollten einen neuen gründen! 1995 hat mich mein Cousin zu Rotary eingeladen. Damals hatte ich keine Ahnung von Rotary und vom RC Wien-Albertina schon gar nicht. So geht es den meisten neuen Mitgliedern. Aber ich hatte Glück, der Club und ich haben zusammengepasst. Ich war mit Freude und Begeisterung Vortragsmeister, TRF-Chair, Präsident, Assistant Governor und Governor. Wichtig wäre, dass ein potenzielles Mitglied die Chance hat, bewusst eine Entscheidung zu treffen. Wir brauchen auch die Möglichkeit für interessierte Personen, andere Clubs zu besuchen, ohne eifersüchtiges Aufpassen auf den „Fang“ durch den ersteinladenden Club. So eine „zeitliche Profess“ setzt aber auch voraus, dass man nicht nur als Gast mit eingeschränktem Zugang betrachtet wird. Es sollte eine bewusste Annäherung an Rotary sein mit offiziellem Status.

Das Clubprofil muss zum Bedürfnis passen

Meine Frau Daisy (in Kroatien Vlatka) kommt aus Varaždin, war mit 22 Jahren bei Rotaract Zagreb, wurde mit 29 (!) vom RC Zagreb-Sesvete eingeladen und wechselte nach fünf Jahren zum RC Zagreb-Zrinjevac, der vor allem aus Freunden aus der Rotaract-Zeit bestand. Als der ältere Sohn größer wurde, ist sie zum RC eKlub Croatia gewechselt, um Rotary und Familie unter einen Hut zu bringen. Daisy war im Distrikt 1913 Youth Exchange Chair und vieles andere, auch im ICC ÖsterreichKroatien. Dort haben wir einander kennengelernt. In Wien ist sie dann zum RC Wien-Connect gewechselt. Ich war Promotor und Ehrenmitglied des RC Wien-Connect, dem ersten E-Club in Österreich. 2020/21 habe ich als Governor sechs Clubs in neuen Formaten bei der Gründung begleitet, unter anderem den RC District 1910 First Austrian Passport und den slowenisch-steirischen Länder-, Distrikt- und sprachübergreifenden Club RC Steierska-Štajermark. Im Juni 2021 haben Daisy und ich dann „unseren“ Club gegründet, also nach unseren Vorstellungen und Erfahrungen. Das Clublokal ist ein Wiener Heuriger, fünf Minuten zu Fuß von unserer Wohnung, in dem ehemaligen Wiener Vorort Grinzing, nicht im vornehmen Zentrum. Unsere Clubziele sind der Erhalt der Grinzinger Kultur, insbesondere des Wienerlieds und des typischen Ortsbilds eines Weinbauernorts. Die Meetings sind online, hybrid und in Präsenz im Gastgarten, es gibt vier Ehepaare mit kleinen Kindern, eines davon sind wir.

Haben wir den „idealen“ Club gegründet?

Nein, das nehmen wir nicht in Anspruch. Aus anderen Clubs sind Mitglieder zu uns gekommen, weil Format und Kultur besser passen, aus dem gleichen Grund sind aber auch Mitglieder von uns zu anderen Clubs gewechselt. Einige haben sogar einen neuen Club nach ihren Vorstellungen gegründet, der vorbildhaft funktioniert. Das alles hat unseren Club homogener gemacht und ihm spürbar gut getan – und nachhaltige Vernetzungen mit anderen Clubs gebracht. In der Satzung im Punkt 4.030 ist der Clubwechsel unbürokratisch definiert, auch die RI-Abrechnung ist auf Monatsbasis, ebenfalls die Abogebühr des Rotary Magazins (danke!). Unser Club hat dafür eine eigene Prozedur, wichtig ist uns das Kennenlernen der Erwartungshaltung – und die Diskretion. Suchen wir Wege der Anpassung, der „ability to adapt“, damit Mitglieder und Clubs gut zusammenfinden!

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